Freitag, 5. Oktober 2012

Sie sitzt im Sessel

Sie sitzt im Sessel. Gerade noch gab sie dem seit Tagen anhaltenden Druck nach. Wie eine alte Gewohnheit ging dieses vonstatten. Nein, keine angenehme Entladung. Eher ein alter Film, von dem sie schon wusste wie die einzelnen Szenen ihren Körper mit einbinden und anbinden – an die Vergangenheit. Vorbei. Sie hat wieder nachgegeben. Jetzt darf es wieder vergessen werden. Wenn sie diesen Körper nur nicht mit sich herum tragen müsste. Und sie hatte schwer zu tragen. Viel zu viel Körper. Ein dickes Fell.
Gedanken fliegen haltlos mit den Neuronen um die Wette. Doch so schnell können keine haltbaren Verbindungen geknüpft werden. Müde wird sie davon wach gehalten. Sie steht auf und raucht an der Balkontür. Gift durchströmt ihren Körper. Das Belohnungssystem sagt ihr deutlich, dass sie es gut so macht. Sie glaubt ihrem Hirn nicht, aber ergibt sich diesem suchtvollem Ritual.
Der Sessel steht in einer kleinen Wohnung. Ausreichend für einen Einpersonenhaushalt. Fünf Briefkästen schmücken die Außenwand, des renovierten Hauses. Sie wohnt dort ganz gerne. Eine Wohnung, ein Sessel, ein Körper. Die meisten Menschen werden sie wohl für verrückt halten, wenn sie erzählen würde, das sie nie alleine ist. Nie! Selbst hält sie sich ja auch immer wieder für Verrückt. Aber sie gewöhnt sich daran – auch ohne Belohnungszentrum.
Welche Seelen sich mit ihr ein Gehirn teilen, weiß sie nicht. Wann diese Anderen eingezogen sind, weiß sie auch nicht. Nicht einmal genau wann sie selber eingezogen ist. Irgendwann war sie da. Erst nur manchmal, dann fast immer. Sie musste diesen Körper nach außen präsentieren. Das ist ihr Job und viel mehr hat sie in ihrem Leben auch nicht zustande gebracht. Sie war nett und freundlich – erhielt ein gewisses Level. Sie hat Humor, einen, der das Leben etwas leichter machte.
Es ist Nacht, schon die letzte Nacht hat sie nicht geschlafen, nur Vormittags 2-3 Stunden. Die Müdigkeit des Körpers kann sie kaum wahrnehmen, nur ihre Augen lassen verschwimmen, was klar sein sollte. So beschließt sie, das was eine Erholung sein soll, zu versuchen. Der Körper braucht das.

8 Kommentare:

  1. guten morgen anja und mädels
    sehr toll geschrieben......etwas traurig,aber ehrlich
    liebe grüsse
    Christa

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    1. Liebe Christa,

      vielen lieben Dank!

      Liebe Grüße von uns

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  2. Hallo, woow Klasse geschrieben. Das kommt mir doch sehr bekannt vor. Nur lass Dir von einer Innenperson sagen, auch innen ist es nicht immer soooo dolle und wenn die Zeit da ist, lernst die anderen kennen wenn das möchtest. Es ist bereichernd auf lange Sicht und wenn das Verständnis da ist, wieso weshalb warum... dann wird das auch mit der Erschöpfung besser. lg. mell

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    1. Liebe mell und ihr anderen,

      Danke! Es macht Mut von Dir / Euch und anderen Viele - Menschen lesen zu können! Danke!

      Liebe Grüße von uns

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  3. Die arme Frau. :( So einsam obwohl nie allein.

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    1. Hallo Ihr Lieben,

      ja. Manchmal ist das so.

      Liebe Grüße von uns

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