Freitag, 26. Juni 2015

traurig


Es wird weitergehen
solange wir weiter gehen
ob wir weiterkommen
weiß ich nicht
noch nicht

Dienstag, 23. Juni 2015

Was hilft.



Vor Jahren haben wir wirklich stundenlang Papier mit Kreisen gefüllt. Ziel war dabei einfach nur runter kommen und ich glaub es macht auch was Trance mäßiges. War das Papier mit meist kleinsten Kreisen gefüllt, wurden danach die Kreise einzeln ausgemalt. Die Tage haben wir es wieder gemacht, nach langer Zeit. aber nicht auf dem Papier, sondern am Smartphone - durch den Stift, denke ich, hat es genau dieselbe Wirkung.

Was war für uns so anders in der Hilfe durch Mai (und Urs)?
Irgendwie ist es auch eine Lobhudelei geworden, das ist ok. Weil es ist wie es ist und nicht übertrieben oder unangemessen, denk ich.

Wir mussten nie allgemeines Wissen zum Thema DIS vermitteln.

Zu jeder Zeit sind wir gemeint. Werden wir gesehen. Gespiegelt (natürlich nicht andauernd^^). So, dass auch wir Anfangen mehr von uns zu sehen.

Schon zu beginn der Zeit "lieferte" sie uns keine Themen (nie fand ich die Beschreibung"empathische Abstinenz" treffender). Wir haben meist automatisch schnell raus mit welchen Themen wir Menschen dazu bringen sich gut mit uns zu unterhalten, ohne das wir über uns reden müssen . Mit Mai haben wir am Anfang immer wieder viel geschwiegen, weil sie nichts anbot. Es war nie ein langes Schweigen, weil wir das gar nicht aushalten - aber es wurde uns schnell klar, das wir das Thema bestimmen, nicht sie. Wir konnten uns ja auch Entscheiden "über das Wetter" zu reden, wenn es für uns ok gewesen wäre... aber das wollten wir ja gar nicht. Und doch, wir haben oft über "Wetter - Themen" geredet. Manchmal ausgiebig, weil es so sein musste und manchmal wenn es Vermeidungstänze waren, die nicht sein mussten, dann erschöpfte sich das Thema schnell, da sie nicht so richtig mitspielte. Wir mussten ja auch erst einmal selber verstehen was wir da machen. Heute sind auch wir da schon etwas direkter - im zeigen unserer Unsicherheit.

Sie hat eine hohe Auffassungsgabe, Empathie und verknüpft das völlig selbstverständlich mit Wissen. So sehr wir mit Leichtigkeit dissoziieren, assoziiert sie. Dazu das Talent, alles in Worte zu fassen und diese verständlich uns aufs Brot zu schmieren, örgs  nahe zubringen - angepasst auf das, was in dem Moment möglich ist zu verstehen. Nicht müde werdend zu wiederholen ohne uns dabei ein blödes Gefühl zu machen oder dabei rüber zu bringen, das sie uns jetzt doch mal für - ähm - unklug hält.

Ängste werden genau so ernst gewichtet, wie Kekskunde (ihr wisst, Forschungen: wie viele Sekunde dauert es, bis ein Keks im Kaffee versunken ist und ähnliches)! Sie genießt ihren (angenehmen) Größenwahn, mag Superheld*innen und hat, für unser empfinden, einen wunderguten Humor. Bei all der Leichtigkeit, war es, soweit ich grad weiß, niemals so, dass sie "alles andere" dabei ausgeblendet hat, fliegender Wechsel war jederzeit möglich, wenn er möglich war und genauso Gleichzeitigkeit, ohne das es sich schräg hätte anfühlen müssen. 

Sie verniedlicht nicht und es muss nie irgendwas gut sein, nur weil ja immer was gut sein muss. Sie ist direkt und klar. Total Kritikfähig und flexibel. Letzteres auch in Bezug auf die verschiedenen Medien (verbal, schreiben, malen, mailen, sms, chatten und beamen (- äh, ach ne, das (noch) nicht), um in Kontakt zu kommen oder bleiben.

Sehr verlässlich. Sie kann Situationen/Zustände aussitzen, ohne dabei in Stress zu kommen. Ich glaube, das Einzige wo wir Stress bei ihr wirklich mitbekommen, ist wenn wir stark befahrende Straßen überqueren müssen. Zugegebenermaßen sind wir da nicht immer voll bei der Sache^^. 

Das coole (und anstrengende) ist, dass sie das alles in Alltagssituationen ist und nicht für 50 Minuten in einer Praxis. Wir haben 6 Stunden in der Woche das lässt Raum auf vielen Ebenen, in vielen Situationen.

Wir haben viel gelernt. Wir haben viel gezeigt. Wir haben viel geschafft. In unserem Sein sehr viel. Mit den Maßstäben der Außenwelt... naja, lassen wir das. Es kam ja auch noch eine Menge (Mist) dazwischen - Leben eben.

Unter anderem gelingt es inzwischen ab und an Panik oder ängstliches, stress wahrzunehmen - manchmal auch zu zeigen. Das bewirkt natürlich nicht grad, dass es leichter wird. Aber es macht für mich zumindest deutlich das Verhalten Gründe hat. Nicht nur theoretisch. 

Ich weiß nicht wie oft sie in Situationen beschrieben hat, wie nicht "Viele-Menschen" sind, wahrnehmen, fühlen und denken (soweit man das verallgemeinern kann), was irgendwie oft so ganz anders war und uns schlicht nicht klar war. (Mir fällt leider grad kein Beispiel ein.) Aber es gibt ja oft Situationen, in denen wir uns z.B. fragen, ich habe dieses und jenes gesagt, warum kommt dann das dabei heraus? Oder warum sind Menschen so und so...? Warum funktioniert bei mir dieses und jenes nicht..... Viele Gespräche gab es, die so wichtig waren für jeweilige Innere.

Teils war es schon unheimlich wie Mai und teils Urs in Situationen begriffen haben was ist, bevor mir auch nur annähernd etwas bewusst wurde. Beim Einkaufen, bei Ärzt*innen. Vorher habe ich in Wartezimmern gesessen und wir hatten Stress ohne Ende, den ich nicht mal wahrnehmen konnte. Nicht im Wartezimmer zu warten hätte ich als negativ bewertet. Jetzt sitze ich fast nie in Wartezimmern - der Stress ist weniger - und ich weiß, dass es negativ wäre, wenn ich es tun würde, weil man es eben tut. Also in der tat geht es um völlig banale Alltagssituationen. 

Leider sind wir noch sehr in der Situation, dass wir viel Rückmeldung und Benennung von außen brauchen, um nicht wieder nur zu funktionieren, oder eben das zu tun, was wir denken was man tun muss, um nicht aufzufallen oder diese 5 Millionen Dingse, die sich verselbstständigen, wenn wahrnehmen als zu gefährlich eingestuft wird. 

Wir hätten Mai (und Urs) gerne bitte noch für 5 bis 10 Jahre. 
Wir hätten gerne noch 2 bis mehr solcher Herlfer*innen im Alltag, in therapeutischen und ärztlichen Bereichen.
Eine Klinik, in der so achtsames und professionelles miteinander selbstverständlich wäre, ja, bitte.

Wir würden ja gerne noch ein paar zillionen Microschritte gehen und ganz wirklich vom Überleben zum Leben gelangen. Wir tun da was wir können.

Aber wir brauchen dazu Hilfe. Wir können das nicht alleine. So einfach - so scheiße.

Bitte, Danke.





Mittwoch, 17. Juni 2015

#notjustsad Abschied


Es sind diese Wellen, die eine ins hier und jetzt schleudern.
Ohne Wellen kann ich vieles ausblenden und vergesse fast, das ich Bin.
Mit Wellen weiß ich, fühl ich, sehe ich was Ist und möchte nicht Sein.

Wir werden nie eine Ermutigung für andere von Gewalt Betroffene sein können. Wir dachten aber mal, dass wir genau das wenigstens sein könnten (wollen?). Auch für andere (im Helfer*innensystem) haben wir nur eine geringe Relevanz. Man kann uns nicht vorzeigen, z. B. für gelungene Therapien, für gelungene Inklusion, für "sie wurde zu einem wertvollem Ding der Gesellschaft", "wie schafft sie das nur so tolle Kinder zu haben"- is nich und wir haben auch keinen "Niedlichkeitsfaktor", jung genug für die Rettungsphantasien anderer sind wir auch schon lange nicht mehr. .... Das ist ok. Es ist nur meine_unsere persönliche Katastrophe. Alle können gehen, für Stunden, Tage oder für immer. Ich muss bleiben. Bei uns. Muss finden was oder wer hilft und wissen, das man von uns nicht gerne gefunden wird. Und wenn ich nicht finde, dann dann weil ich nicht hartnäckig genug bin, nicht ausdauernd genug, zu anspruchsvoll und viel zu schnell aufgebe. Lächelnd. Vielleicht brauche ich für das Finden aber auch Hilfe - die ich erst finden müsste. Und ich kann ja noch froh sein, weil ich ja so gute Hilfe (Mai) habe - ich bin aber auch nie zufrieden! Ja. 6 Stunden in der Woche sind viel und trotzdem reicht es nicht. Weil nicht immer alles in geplanter Zeit geht, was gehen müsste. Weil Leben und Kontakt nicht oft so geht, wie es gehen müsste. Ja, all das hier ist unzureichend benannt und verdiente ganze Bücherregale.

Wir haben vorhin wieder eine Absage von einer Therapeutin bekommen. Fast hätte ich weinen können. Kann ich aber auch nicht.

Geholfen in den etwa 2 Jahren ohne Therapie hat uns Mai. Wir haben nie vorher so viel über uns erfahren. Waren uns nie so nah und haben nie vorher wirklich gemerkt, wie weit weg wir von uns sind. Haben nie jemanden so nah lassen - besonders in den schweren Zeiten. Haben durch sie viele micro Schritte gemacht und die Wirkung dieser micro Schritte hat unser Leben nicht wirklich erleichtert und trotzdem fühlte es sich irgendwie richtig an. Wir schreiben dazu (hoffentlich) noch einen Artikel. Wir hatten noch nie so eine Hilfe!

Jetzt wird sie ende des Monats gehen. Das ist so richtig schlimm für uns. Seit wir das wissen, ist es hier sehr "dicht". Ich kann sowas weg machen (dissoziieren), kann einfach so tun, als wäre alles normal und easy. Wobei, ich es ist eher kein gewolltes tun, sondern ein "es geschieht". Ich bin dann nur noch weniger in der Lage zu schlafen. Spüre sehr viel häufiger kein Satt werden oder Hunger, habe mehr mit Allergien zu tun, bin sarkastischer und kann über mich/uns fast gar nicht mehr reden, habe intensiveren Drang zur Selbstverletzung. usw...

Dann sind da die Wellen, mehrmals täglich. Diese Angst. Die Traurigkeit. Verzweiflung. Hoffnungslosigkeit. Manchmal auch Erleichterung, weil geschieht was "uns zusteht". All das und mehr in verschiedenen Intensitäten - mal sehr nah und dann wieder als Echo im Innen.

"Nie wieder..." fängt es Innen oft an zu denken. Nie wieder.

An diesem Text wird schon seit Tagen geschrieben, weil ich schlecht dabei bleiben kann.
Dieser Abschied fühlt sich so sehr existentiell an, dass ich mich einfach nicht traue ihn zu denken, aber es denkt ja in mir, neben mir, hinter mir und es schein unvorstellbar, dass irgendwann wirklich was gut werden kann. Dieses ganz Hilfesystem ist nicht für uns gemacht. Trotzdem sind wir abhängig davon. Ja klar, niemand wird wie Mai sein und dennoch kann es sein das es hilfreich wird. Wir hatten schon wirklich viele Helferinnen in den letzten 12 Jahren. Klar, wenn man Therapeutinnen und Kliniken mit einbezieht dann sind es etwa 30 Jahre. Es waren liebe Menschen dabei, keine Frage, aber wirklich - nie konnte uns jemand so helfen wie Mai. Wir wussten ja auch nicht was wir brauchen. Es ist schwer zu erklären und ich werde bestimmt noch versuchen in einem weiteren Eintrag zu schreiben, was die Hilfe für uns so hilfreich machte.

Jetzt ist es nur schlimm. Und wir sind kein klitzekleines bisschen optimistisch, das wir noch einmal so jemanden finden. Wie sollten wir? Ich weiß nicht wie wir das aushalten werden. Es tut weh.

In ein paar Stunden sitzen wir mit Mai und einer neuen Helferin in der Küche. Ein erstes Kennenlernen und wir werden zu Kaffee und Keksen lächeln.

Vielleicht.