Montag, 27. April 2015

Gesprächig

Hey, wollt ihr nicht mehr bloggen?

Doch, eigentlich schon, aber es ist müßig darüber zu schreiben, dass man nicht schreiben kann.

Naja, aber vielleicht besser als still zu werden und den Zugang ganz zu verlieren? Man liest Euch fast gar nicht mehr im Internet.

Ja, aber ich lese viel im Internet, schaue mir an was andere machen, dann sammel ich alles, wo ich kommentieren möchte oder was ich teilen möchte... irgendwann ist es dann so viel, dass es nicht zu schaffen ist - dazu vergeht Zeit und vieles ist nicht mehr aktuell, wenn man nicht direkt reagiert. Wir löschen und sammeln neu. Sehr produktiv. Sehr kommunikativ. Nicht.

So verläuft es im Sande?

Ja, wie so vieles. Eigentlich ist das typisch für viele Lebensbereiche. Wir machen uns viele Gedanken, aber kommen nicht zum Handeln. Meistens. Auch müßig drüber zu reden.

Resigniert?

Kann man so sagen. Dennoch scheint es immer wieder Anläufe zu geben. Die manchmal nach Sekunden, manchmal nach längerer Zeit wieder vergessen werden. Naja, nicht immer vergessen, jedenfalls nicht ganz oder nicht für immer - sonst würde man ja nicht immer wieder Anläufe machen? Manches wird auch aus anderen Gründen nicht gemacht, welche aber auch meistens weiter im Dunkeln liegen.

Licht machen?

Hahaha...

Tschuldigung. Aber es muss was geben, das hilft... es fehlt ja nach wie vor der Kontakt untereinander, was irgendwie jeden Lösungsversuch ausbremst, weil man erst gar nicht (mehr) weiß wo man ansetzen kann. Ihr sucht ja nach einer Therapeutin - immer mal wieder.

Immer mal wieder, ja. Es ist nicht so wirklich gut auszuhalten, wenn man ständig nur absagen bekommt. Sie sind alle voll oder arbeiten nicht mit DIS. Oder wollen uns nicht und ein oder zwei mal wollten wir nicht mehr, weil z. B. schon am Telefon sehr viel Unfreundlichkeit und Unachtsamkeit uns entgegengebracht wurde. Vielleicht sind unsere Chancen auch eh nicht so hoch, weil wir alt sind, nicht arbeiten und schon soviel vermeintliche Therapien hatten, dass vielleicht eh alle denken werden, das es sinnlos ist uns helfen zu wollen.

Wenn man Therapieerfahrung hat erwarten Menschen etwas anderes, als das was ihr bieten könnt?

Ja, vielleicht. Beim letzten Klinikaufenthalt (tatsächlich ist der schon etwa 8 Jahre her...) war das so. schon bei der Ankunft wurde uns vom Stationsteam mitgeteilt, dass wir ja zum 4. mal da sind und alles schon gut kennen und man dieses mal mehr von uns erwarten würde. Es ging voll in die Hose. Aus vielerlei Gründen. Ja, wir haben viel Therapieerfahrung. Leider. Vielleicht wissen wir auch viel. Aber was heißt das schon? Was nutzen all diese Theorien, wenn man sie nicht umsetzen kann? Oder wenn man sich so anders fühlt, als wie es von einem erwartet wird? Wir waren etwas vertrauter da. Wir dachten es könnte sowas wie ein sicherer Ort sein vielleicht. Aber wir waren auch mehr "wir" und das machte vieles ungleich schwerer. Es machte verletzlicher und wir funktionierten nicht so wie vorher. Konnten aber dennoch nicht weinen und zeigen wie schwer es war und schon gar nicht warum es schwer ist sagen. Um Hilfe bitten funktioniert auch nur, wenn man weiß welche Hilfe man braucht und das man auch darum bitten darf, auch wenn man immer lächelt und nett ist - nach außen. Für uns wäre es manchmal leichter, wenn Worte den selben Stellenwert hätten wie Gefühle zeigen. Naja ... das ist bis heute ein Problem.
Vielleicht hätten wir auch schon eine Therapeutin, wenn wir weinend am Telefon betteln würden, dass es jetzt dringend sein muss. Das tun wir nicht, weil wir das nicht können - wir bedanken uns lächelnd für eine weitere Absage.

:( Und dann verließ auch noch die Kliniktherapeutin die Klinik. 

Ja. Und sie verließ uns noch einmal indem sie nicht auf unsere Mail reagiert. Ein anderes Drama. Es ist ein Risiko, sich auf Menschen einzulassen. Immer. Wir können alles überleben. Aber wie man damit lebt ist etwas ganz anderes. Das haben wir nicht gelernt. In so vielen Bereichen.

Du wirst unruhig. 

Es ist immer schwer zu erzählen, weil das ja nur mini Ausschnitte vom Ganzen sind. Das fällt mir manchmal schwer - es so unvollständig stehen zu lassen. Manchmal macht es auch, dass ich gar nicht erst anfange.

Verstehe. Ihr lasst euch noch auf Menschen ein? Ihr sucht ja auch trotz allem weiter nach einer Therapeutin und sogar an Klinik denkt ihr manchmal. Mai würde vielleicht sagen, weil ihr Leben wollt. 

Mag sein. Wir haben noch nie so wenig mit Menschen zu tun gehabt, wie in den letzten Jahren. Es fällt uns immer schwerer - das Einlassen. Wir haben früher viel mehr gemacht. Waren sicherer in unserem Sosein oder konnten besser so tun als ob. Wir waren nicht glücklicher. Waren auch da Suizidal. Aber wir funktionierten besser. Wir gehen nicht mehr raus. Aus der Wohnung. Sind angewiesen auf die Menschen, die hinein kommen. Was seit langem jetzt nur 2 Menschen regelmäßig machen - davon wird eine bezahlt dafür.
Ja, wir möchten uns auf Menschen einlassen. Es gibt Menschen und Projekte, die uns interessieren. Manches wurden wir gerne mitmachen, manche würden wir gerne Kennenlernen. Unser Sosein verhindert das. Ich würde gerne in einer Therapie herausfinden warum. Aber vielleicht erwarten wir auch zuviel von Therapie. Vielleicht ist das so. Aber wir würden uns gerne einlassen, auf Hilfe. Ich glaub auch immer noch, dass nur Therapie helfen kann, weil ich nicht glaube, das wir uns helfen können. Aber dafür muss eine ganze Menge stimmen. Zwischenmenschlich und auch das Handwerkszeug. Dazu Geduld und ach...... vielleicht ist uns auch nicht mehr zu helfen. Vielleicht finden wir keine mehr. Vielleicht wollen auch nicht mehr alle Innen Hilfe. Aber eigentlich denken wir das nur, weil wir nicht glauben das es die Hilfe geben kann. Und eigentlich bräuchten wir ein größeres Netzwerk an Hilfe und das vor Ort. Aber auch das gibt es so nicht.
Klinik - Tagesklinik oder anderes - wir wissen nicht was uns hier da helfen kann.

Wir haben ja auch Hilfe. Ohne Mai und ohne gesetzl. Betreuung würde gar nichts mehr gehen. Mai vereint grad Alltagshilfe und therapeutische Hilfe, ohne dem hätten wir das letzte Jahr nicht überlebt. Wir versuchen uns einzulassen. Aber wir stoßen sehr schnell an Grenzen - an unsere eigenen. Da brauchen wir jemanden, die nicht so schnell gefrustet ist wie wir. Die nicht herausliest, das wir ja nicht wollen oder so einen Quatsch. Die trotzdem noch hilft immer wieder auch wenigstens etwas zu verstehen, warum etwas wie sein könnte. Die es aushält uns so sein zu lassen und dennoch daran glaubt, das wir uns verändern können. Trotzdem und immer noch. Auch nach Jahren. Aber 6 Stunden in der Woche reichen nicht, um Einkaufen, Ärztinnenbesuche, alles notwendige außerhalb der Wohnung und Gespräche abzudecken. So kommt es auch immer wieder vor, dass wir längere Zeit keine Zeit für Gespräche haben. Was es uns immer wieder mehr oder weniger schwer macht, damit wieder anzufangen.

Ich war schon mal kurz davor eine öffentliche Bewerbung zu schreiben, für einen Therapieplatz. Vielleicht wenn es ganz viel geteilt werden würde.... aber würde eine Therapeutin auf sowas antworten? Es wäre gut, wenn es ein Forum oder so geben würde, in dem man sowas wie eine Bewerbung um einen Therapieplatz reinstellen könnte und Therapeut*innen mit Therapieplatz sich dann bei einem melden würden. Das wäre doch eine gute Idee.

Ich bin jetzt müde.

Ja, es ist auch spät geworden. Gut, dass Schreiben so heute ging. Vielleicht kann man das ja so wiederholen. Wenns hilft.

Vor einiger Zeit wollten wir zu dem neuen Podcast schreiben, der uns sehr berührt hat und auf dem wir wieder so gar nicht reagieren konnten. Aber es ist bei dem was unten steht geblieben. Ich lasse das so stehen und teile so zumindest mit, das wir ihn sehr Hörenswert finden und auch gerade für helfende Menschen. Viel gesagtes wird und wurde auch in unserem Alltag gelebt. Danke!

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Wir haben gerade die neue 4. Folge "Alltag?" des Podcast Viele Sein von den Rosenblättern und den Sommers gehört. (Ist schon wieder ein Monat rum?)