Sonntag, 30. September 2012

Leben und Tod (vielleicht triggernd)

weissnich4

Vor 12 Jahren hat sich unsere Freundin Petra K. das Leben genommen. Sie ist von einem Hochhaus gesprungen. Sie war schwer Traumatisiert und konnte mit den psychischen Qualen nicht Leben. Viele Suizidversuche gingen der endgültigen Entscheidung voraus. Wir lernten uns 10 Jahre vorher kennen, während unseren ersten Psychiatrieaufenthalts. Wir waren dort nach einem Suizidversuch.
Wenn ich an die Zeit denke, kommt es mir vor wie eine anderes Leben. Wir waren damals über ein Jahr in der Psychiatrie, meistens, wegen Suizidalität, auf einer geschlossenen Station. Die Psychiatrie einer Kleinstadt hatte nicht viele Stationen, darum waren dort auf der geschlossenen Station sehr verschieden Menschen, mit sehr unterschiedlichen Diagnosen zu finden. Frauen und Männer, Jung und Alt, schwer Süchtige und zwanghaft Enthaltsame… – ich weiß nicht wie wir das damals ausgehalten haben, aber es schien eine bessere Alternative zum “Draußenleben”, was bedeutet hätte wieder im Elternhaus zu leben.
Es war eine bizarre Zeit. Aber Suizidgedanken begleiten uns schon so lange wir denken können. Damals gab es noch kein “wir”. Kein wissen über Traumata. Weder bei mir, noch bei den Ärzten. Petra wurde damals oft Fixiert (festgebunden mit Gurten am Bett), was für uns der totale Horror war! Es war klar, das wir dort sehr Kontrolliert waren/wirkten. So sehr, dass ein Pfleger damals zu uns meinte, dass er gar nicht glaubt, dass wir dahin gehören und uns wohl nur vor der Arbeit drücken wollen. Bei allem was dort geschah, ein Wunder das man es schaffte auszusteigen aus den Psychiatrienetz und sich immer versuchte gute Hilfe zu suchen. 20 Jahre brauchte es.
Petra schaffte es nicht. Immer wieder rein in die Psychiatrie, nie gute Hilfe. Die Zeit war anders. Jetzt weiß man viel mehr. Aber sie ist gestorben. Oft war das Gefühl wie ein Sog – hinterher zu gehen und auch Ruhe zu finden. Wir hoffen von ganzen Herzen das sie jetzt Frieden hat, dass sie behütet ist und Liebe erfährt.
Unser Weg ist ein anderer! Immer wieder musste das neu entschieden werden. Manche Innen würden sofort den Tod wählen, aber sie warten, denn alleine können sie es nicht tun und es ist immer genug Hoffnung da. Auch wenn es manchmal nur ein staubkorngroßes Stück Hoffnung war – es reichte. Es ist nicht so, dass ich diese Entscheidung jemals getroffen habe. Wenn ich Überschwemmt werde mit der Lebensmüdigkeit, ist oft nur kurz da. Dauert es länger und wird es Gefährlich – nimmt jemand Innen diese Sehnsucht einfach weg. Und von einer Minute zur nächsten geht es “normal” weiter und ich kann kaum noch nachvollziehen wie es war. Es gibt welche Innen, die Aufpassen. Ich denke, das ist gut!
Und vielleicht Leben wir eines Tages richtig gerne. Auch heute gibt es ja schon einiges was auch Freude bereitet!
teekanne

6 Kommentare:

  1. Damals, vor 12 Jahren, war es nicht nur in Kleinstädten so, auch in Großstädten gab es das Verständnis für traumatisierte Patienten/innen noch nicht. Selbst heute fehlt es meiner Meinung nach noch daran, egal welche Traumatisierung vorgefallen ist.
    Entscheidungen müssen immer getroffen werden, und wenn Ihr sagt,

    Zitat:
    "Auch heute gibt es ja schon, einiges was auch Freude bereitet!"
    dann sehe ich Euch auf einem gutem Weg.

    Zitat:
    Es gibt welche Innen, die Aufpassen. Ich denke, das ist gut!
    Zitat Ende
    Das sehe ich genauso.

    Viele Grüße
    Nachtfalke

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    1. Lieber Nachtfalke,

      Ja, da hast du recht! Es gibt immer noch viel zu wenig Hilfen Dennoch sehe ich auch das es mehr werden und das man Heute an viel besseres Wissen herankommt, alleine schon durch das Internet und auch die Bücher, die es inzwischen gibt. Auch gibt es schon ein paar Psychiatrien, die besser mit Menschen die Traumatisiert sind umgehen. Aber es sind noch viel zu wenige und es dürfte ruhig alles schneller gehen! Auch Traumakliniken oder Stationen müssen mehr werden, weil wenn man weit über ein Jahr warten muss, dann ist das traurig für das Hilfesystem!

      Wir hoffen, das sich da noch viel tut und nicht Rückschritte gemacht werden, wegen Geld.

      Du, kannst Du sagen wie du es machst, dass du im Kommentar formatieren kannst? Will ich auch können :o)

      Herzliche Grüße Dir und Danke für Deine Worte!
      anja und co

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    2. Formatieren im Kommentar ist ganz einfach. Im Kommentar kann man HTML Codes benutzen. Hier ein Beispiel.
      Der TAG < b >. Das b steht für das engl. bold = fett. Alles was zwischen diesem Tag steht wird fett dargestellt. Geschlossen wird der Tag mit< /b >. Hier habe ich jeweils ein Leerzeichen eingefügt um den Tag erklären zu können. Um die Tags zu benutzen dürfen zwischen den Zeichen keine Leerzeichen sein. Für kursiv steht der < i > Tag. Also einen Tag immer ohne Slash öffnen und mit Slash schliessen, dann wird es fett oder kursiv dargestellt.

      Alles verstanden?
      Viele Grüße
      Nachtfalke

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    3. Lieber Nachtfalke,

      das ist ja cool, ich wusste gar nicht das man in den Kommentaren html nutzen kann.
      vielleicht dann auch ein Bild oder Link ... muss ich unbedingt alsbald ausprobieren!

      Vielen Dank! Und liebe Grüße von uns

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  2. Das klingt furchtbar und ist schockierend, dieses fehlende Wissen (Verständnis?)in der Psychatrie.
    Viele Grüße von Mila

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    1. Liebe Mila,

      schön Dich hier zu lesen :-)
      Ja, so ist es. In den meisten Psychiatrien gib es kaum bis keine psychotraumatologisch Ausgebildete Mitarbeitende. Früher noch weniger. Darum gibt es viele, die Hilfe bräuchten, aber keine kriegen. Bei DIS ist es dann noch mal schwieriger. Wir wissen keinen Ort, wo wir im Notfall Hilfe holen würden.

      Liebe Grüße von uns, anja und co

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