Diese Warten … warten auf eine Email… warten ob er gestorben ist oder doch weiterleben wird. Ich denke, man sollte doch in so einer Situation nicht alleine sein, man sollte mit seiner Familie zusammen sein und darüber sprechen. Erinnerungen, Befürchtungen austauschen. Sich gegenseitig Trost geben und zusammen schweigen. Lachen und weinen. Ich stelle es mir so vor, weil ich es aus Filmen so kenne. In der Realität ist es unvorstellbar. In der Realität sitze ich da wie immer. Nur das ich mich grad wie ein Fass fühle. Innen ist vieles und ich hindere alles daran loszulaufen. Ich bin Fass und mein Material ist stabil. Ich weine nicht und nur weniges von Innen schafft es nach Außen zu kommen. Es ist Anstrengend. Immer mal wieder spüre ich eine Träne im Augenwinkel und die Traurigkeit ist stärker als sonst. Aber zwischendurch kommt auch der Sarkasmus, Ängste, verschiedenes wollen, brauchen, müssen, denken. Manche Momente, wo alles wieder weit weg erscheint und gar kein Bezug ist. All das ist nicht meins. Ich Kontrolliere, dass nichts zu stark wird und ich glaube auch von Innen wird Kontrolliert. Ich bin stoisch. Nehme es wie es kommt und Rahme es ein. Wer Innen Entscheidet was wie stark mich erreicht, weiß ich nicht. Nur das es nicht gelingt, das mich nichts erreicht. Manchmal habe ich Angst, das ich es nicht halten kann. Das ich mich woanders wiederfinde oder durchdrehe, verrückt werde. Aber wird mir wieder genommen. Ein Fass was man Füllen kann mit allem und es auch wieder Leeren kann.
Wie kann es sein, dass nach so vielen Jahren, diese Information soviel auslösen kann? In manchen Momenten fühlt es sich an, als hätten wir gestern noch Kontakt zu dem Vater gehabt. Heute wachte ich auf und hatte auf den Lippen “Papa can you hear me? Papa can you find me?” (Barbra Streisand *klick*) – kitschiger geht es nicht und es trieb mich aus dem Bett. Es passt, er sagte immer Gott gibt es nicht, er sei Gott. Ob er das immer noch denkt?
Am Donnerstag (ist das wirklich schon wieder 2 Tage her?) haben wir Mai direkt ne Sms geschrieben und sie kam auch gleich Nachmittags. Bis dahin war klar, das wir hinfahren müssen zum Vater. Zum Bruder, seiner Frau und Kindern. Da sein. Aus vielen verschieden Motivationen heraus. Mai war hart. Hart in der Realität. Sie hinterfragte konsequent Motivationen und schmückte “was wäre wenn” aus. Benannte vergangene Realitäten und fragte was ist dann? Wie ist es bei uns, wenn wir dahinfahren? Wie ist die Gewichtung – ist es so, das 5% Traurig sind und 95% in der Psychiatrie landen oder ist es umgekehrt? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, das er etwas sagt, von dem was wir hören wollen würden? Unser jetziges Innenbild von ihm ist 20 Jahre alt. Wollen wir aktuelle Bilder, Worte, Verletzungen? Können wir das Tragen? Wo ist der Schutz? Sicherheit? Wie war das bei der Mutter? Ich weiß nicht mehr viel davon wie es bei der Mutter war. Nur das der letzte Besuch im Krankenhaus Verletzungen mit sich brachte. Das sie nicht anders war. Zu der Zeit gab es niemanden, die uns geholfen hat uns zu schützen. Unsere Freundinnen waren da (zum Glück) – aber sie hatten das Wissen nicht und selbst das Viele sein war da noch kein Thema. Heute ist das anders. Mai und Urs sind erreichbar und da. Obwohl kein Regulärer Termin war und wir grad vorher mit Urs 3 stunden unterwegs waren, wegen der Therapie – so ist Mai trotzdem gekommen und hat hinterher sogar noch Cooper (ein Hund) geholt und ist noch ein bisschen mit uns raus gegangen. Wir haben das Angebot Mailen, simsen, anrufen oder chatten zu können und auch wenn wir das meist nur hinkriegen, wenn etwas technisches geregelt werden muss, so ist es da, das Angebot. Ich bin grad nicht sicher, aber ich glaube, wir haben das Donnerstag zum ersten mal so in Anspruch genommen. Und es ist immer noch komisch, das Mai da war. Ohne das wären wir wohl jetzt in der Früherstadt. Wir wären vielleicht auch in der Früherpsychiatrie, sie ist im selben Gebäude.
Ich habe entschieden, das wir nicht hinfahren. Allen Abers zum Trotz, weil es Vernünftig ist. Das wir hinfahren, wenn er gestorben ist, um zu sehen ob er wirklich tot ist. Bis dahin versuche ich nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Versuche zu halten und auszuhalten. Versuche mich abzulenken. Nachher kommt Mieke und wir werden zusammen was Essen. Vielleicht schaffe ich etwas noch Abzuwaschen – zumindest das, was wir benutzen müssen wieder.
Wir warten weiter.
Ich wünsche Dir und den Sternen ganz ganz viel Kraft für diese schwere Zeit.
AntwortenLöschenIch denke immer, meine Nervenqualen sind das schlimmste was ich aushalten muss. Dann sehe ich Eure inneren Gefühle und werde ganz still.
Ich drück Euch alle ganz lieb
Eure Ina
Liebe Ina, bitte nicht vergleichen.... Dein Schlimm ist Schlimm und unser Schlimm ist Schlimm
LöschenUnd jedes Schlimm ist schlimm genug!
Danke und viele liebe Grüße
kann nur Verständins ausdrücken
AntwortenLöschenund mithoffaushaltwarten
Danke!
Löschenganz liebe Grüße
ich habe gerade erst deinen Text von gestern auch gelesen - und jetzt heute ...
AntwortenLöschenerst dachte ich mir dass du natürlich zu deinem Vater fahren solltest (solltest ist kein passendes Wort) ... aber dann habe ich weiter gelesen und schnell verstanden dass es keinen Sinn macht.
Es ist gut dass du nicht alleine bist. Ich drück dich auch ganz lieb.
viele Gedanken von Heidi-Trollspecht
Ja, wäre wohl kein guter Plan....
LöschenDanke und viele liebe Grüße
Ich finde es gut, dass ihr nicht fahrt. Das steht so ein erdrückendes, riesiges "man muss doch...!" hinter. Gar nix muss man.
AntwortenLöschenWenn es welche bei euch gibt, die trotzdem irgendwie Abschied nehmen wollen, können die vielleicht was malen oder schreiben und es im Wald vergraben oder so.
Wie geht es euch denn heute?
Wir denken an euch.
Ja, letztlich gibt es viele Wege!
LöschenWies heute (gestern) geht haben wir im neuen Post geschrieben, danke für das Nachfragen!
Danke und viele liebe Grüße
Liebe Sterne, kennt ihr das mit dem Brief schreiben? alles was man mal sagen wollte - und dann legt man den brief beiseite - verbrennt ihn... lässt los symbolisch...
AntwortenLöschendas einige hin wollen, dieses innere hin- und her kann ich nachvollziehen. Selbst finde ich es gut, das Ihr für Euch sorgt und nicht hinfahrt. Alles Liebe Euch!
Ja das kennen wir, aber loslassen... ich glaube das geht noch nicht.
LöschenDanke und viele liebe Grüße