So langsam geht es wieder auch bei Euch zu lesen und etwas wieder in Kontakt zu gehen. Die Welt scheint mir oft so weit entfernt. Manchmal frag ich mich, warum etwas, was so Fern scheint, so eine Anziehungskraft haben kann. Das sie dennoch es schafft sich als erstrebenswert einzuschmeicheln und Wünsche weckt. Ich bewundere das und hasse das. Sie zeigt die eigene Jämmerlichkeit und doch auch wie es sein könnte. Drama, Horror und Komödie. Leben.
Ich fühle mich wie auf einer dunklen Bühne. Mal wird dieser und mal jener Teil beleuchtet, aber es gelingt nicht ein zusammenhängendes Bild zu bekommen. So viele Facetten, ohne das Ganze erfassen zu können. Keine Möglichkeit die Zusammenhänge zu erkennen und zu halten. Das macht ein alleine Gefühl. Sich nicht dazugehörig Fühlen zu irgendwas. Nur in dem Moment wo etwas erleuchtet wird. Danach verliert sich der Bezug. Manchmal hätte ich gerne jemanden, die immer sagt “ah ja, das siehst Du grad, aber hier und hier das gehört dazu und dies und jenes ist auch da und so gehört das zusammen.” Ich möchte, das mein Gehirn verknüpft, was zusammen gehört. Ich möchte das es ein Panoramabild entwickelt, wenn ich den nächsten Ausschnitt angucke. Und ich möchte das dieses Ganze dann auch erinnerbar ist und mit neuem ergänzt werden kann.
Unsere Therapeutin sagte in der vorletzten Stunde, das was sich sehr verändert hat in den letzten Jahren ist, dass wir nicht mehr NUR im Jetzt sind. Ohne Bezug zum gestern und morgen. Das wir inzwischen Fäden knüpfen und Bezüge herstellen dürfen. Ich denke, das es noch nicht genug ist. Und gerade zur Zeit wieder sehr schwierig ist. Aber ich glaub auch, dass es dennoch anders ist als vor 6 Jahren. irgendwie.
Jetzt steht das Abschied nehmen an. Aber wie geht das? Bisher gingen Dinge einfach zu Ende. Menschen waren da oder nicht mehr da. eigentlich gab es nie Zeit, um wirklich abschied zu nehmen. Weil es zu schnell ging oder weil wir es nicht konnten oder weil andere Menschen es nicht konnten. Ich kann damit Leben, wenn jemand einfach weg ist. Nicht mehr immer so gut und so endgültig in der Erinnerung, aber mit nicht Abschied nehmen bin ich noch vertraut. Nur wie es anders geht eben nicht. Da bin ich sogar hilflos. Auch wenn ich weiß, das es Sinn macht und wichtig ist und es gut ist, wenn wir es anders lernen, weiß ich nicht wie. Es ist eben wieder so was, das an Gefühle gebunden ist.
Mieke erzählte letztens noch, dass es für sie schwer war, wenn wir früher sowas wie “Ich fühle kein Vermissen” oder “Wenn Du/ich gehe, dann bist Du für uns weg und wenn Du wiederkommst, dann können wir genau da wieder anknüpfen” – es ist schwer für andere zu verstehen und es nicht mit Desinteresse gleichzusetzen. Ich denke, alle, die uns kennen oder gekannt haben, erleb(t)en es, dass wir es nur selten schaffen von uns aus in Kontakt zu gehen. Daran sind Freundschaften kaputt gegangen oder hatten zumindest Krisen deswegen. Ich denke auch neue Beziehungen entstehen darum erst gar nicht. Ich habe nie verstanden warum es bei uns so ist und kann nichts dagegen tun. Darum versuchen wir mit dem Problem meist direkt offen umzugehen und warnen sozusagen vor und bitten die andere zu überprüfen, ob sie das so kann und will – denn das können nicht viele – immer wieder in Kontakt gehen und es nicht persönlich nehmen, das wir es nicht (oder selten) können. Je mehr das “Wir” bewusster wurde, desto schwieriger wurde das, aber da war die Problematik schon immer.
In der Therapie am Donnerstag kam dann das Thema auf, ob Therapie zur Zeit hilfreich ist, oder ob es nicht mehr Sinn macht, die Betreuungsstunden (3 Stunden hinfahren, da sein, zurückfahren) anders zu verwenden. Es gibt dazu verschiedene Meinungen / Gedanken:
- schon vorher hatten wir mit der Betreuung ab und an darüber gesprochen und teils hier geschrieben, dass uns was fehlt und immer wieder das Gefühl es passiert zu wenig. In diesem Zusammenhang hatten wir tatsächlich auch daran gedacht, die Therapie früher zu beenden und die Stunden anders zu nutzen – es war ein Gedankenspiel und komisch als es dann unsere Therapeutin aussprach.
- durch das Aussprechen ist auch das Denken da, dass sie nicht mehr mit uns arbeiten mag. Das sie keinen Sinn sieht darin mit uns weiter Therapie zu machen. Wir sind zu unfähig.
- Vielleicht passiert auch zu wenig in der Therapie, weil wir dicht machen, oder weil wir schon auf Abstand gehen, wegen dem Abschied, der kommt. Vielleicht weil wir nicht wissen wie man Abschied nimmt.
- ich denke nicht, das wir Therapie nicht mehr brauchen. Ich glaube wir brauchen sie sehr. Aber vielleicht ist wirklich was neues dran? Vielleicht haben wir erreicht was wir mit Frau Str. erreichen konnten? Vielleicht erreichen wir aber auch nie mehr egal mit wem?
- Vielleicht ist es Sinnvoll, den Fokus auf Außenaktivitäten zu richten und in den Stunden (wenn es denn ohne Therapie bei 6 Stunden die Wochen Betreuung bleibt…) hinaus zu gehen in die Welt? Da mir das Angst macht ist es ja vielleicht das wo es lang gehen muss? Heißt doch immer “da wo die Angst ist geht es lang”…. ja, ich spür sie grad, die Angst.
- Aber was ist mit den Innenaktivitäten?
- Es wird eh länger dauern bis eine neue Therapie anfangen kann. Alleine wegen der Krankenkasse.
- Wir haben überlegt mit Urs, ob man nicht sowas wie eine Testzeit machen kann? Frau Str. hat eh bald wieder einen längeren Urlaub, vielleicht ihn schon eher anfangen und ausprobieren wie es ist und sich aber nach dem Urlaub wieder sehen und drüber reden wie es ist.
- Nur macht das Sinn? Gerade wegen dem “Aus den Augen aus dem Sinn” – werden wir das erleben oder einfach nur wegspalten? Welchen Sinn macht es aus der Beziehung raus zu gehen?
- Welchen Sinn macht irgendwas? Wenn die Therapie aufhört und am Ende des Jahres die Betreuung vielleicht wechseln muss? Ich weiß, es macht keinen Sinn so zu denken. Nehmen was man kriegen kann. Viel kann noch passieren. Ja ich weiß.
Ich fühle mich verwirrt und das ist mal wieder nur ein kleiner Ausschnitt. Manchmal denke ich, das wir es nie schaffen, ein Leben zu führen in dem wir uns einfach ok fühlen. Manchmal denke ich, dass wir es doch schaffen können. Ich denke, für uns ist das mit dem Fühlen einer der wichtigsten Punkte. Sich trauen zu fühlen, auch das Schwierige. Wir brauchen dazu Menschen, die uns helfen den Fokus auf das Fühlen zu legen. Es wahrzunehmen usw. – ich glaube erst dann kann es mit dem wirklichen Verstehen weitergehen. Man kann das nicht alleine.
Danke das ihr uns immer noch lest :-) und Danke für Eure Kommentare! Das bedeutet uns viel!
Habt einen schönen Sonntag und eine Gute Nacht!
